Beratung statt Tabuisierung bei sexueller Gewalt gegen Frauen

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Neue Frauenberatungsstellen für Betroffene von sexueller Gewalt ergänzen das österreichweite Angebot an Gewaltschutzeinrichtungen.

Frauenberatungsstellen bei sexueller Gewalt sind häufig die ersten Anlaufstellen für Frauen und Mädchen, die sexuelle Gewalt erlebt haben. Sie bieten betroffenen Frauen insbesondere umfassende und kostenlose (telefonische oder persönliche) Beratung, psychosoziale Unterstützung und im Bedarfsfall auch psychosoziale und juristische Prozessbegleitung, von der Anzeige bis zum Ende eines Strafverfahrens.

„Der flächendeckende Ausbau der Beratung bei sexueller Gewalt in ganz Österreich ist mir ein großes Anliegen. Bis vor wenigen Wochen gab es in Österreich nur in fünf Bundesländern Frauenberatungsstellen, die auf sexuelle Gewalt spezialisiert waren. Nun können diese Fachberatungen auch in Kärnten, in Vorarlberg und im Burgenland angeboten werden“, so Frauenministerin Ines Stilling anlässlich der Eröffnung der bei „Belladonna“ - der bewährten Frauenberatungsstelle in Klagenfurt - eingerichteten Frauenberatungsstelle bei sexueller Gewalt.

Ziel: Opferschutz und Prävention
Basierend auf den ungleichen Machtverhältnissen zwischen Frauen und Männern in unserer Gesellschaft unterliegen Frauen den unterschiedlichsten Formen von Gewalt, auf physischer, sexueller, psychischer, ökonomischer oder sozialer Ebene. Am häufigsten werden Frauen im familiären oder weiteren sozialen Umfeld zu Opfern von Gewalt.

Sexuelle Gewalt wird weitgehend tabuisiert, ihr Ausmaß ist erschreckend hoch. Laut einer Prävalenzstudie aus 2014 hat in Österreich jede dritte Frau über 15 Jahre eine Form von sexueller Belästigung erlebt, und jede elfte Frau schwere sexuelle Gewalt. Die Täter sind fast ausschließlich Männer.

Unabdingbar und prioritär sind der Schutz und die Unterstützung der Opfer. Spezialisierte Beratungsstellen, Gewaltschutzzentren und Frauenhäuser sorgen für ihre nachhaltige Unterstützung, sowie für den nötigen Schutz, wenn ihre Sicherheit gefährdet ist.

Maßnahmen müssen auch bei den Tätern (und Täterinnen) ansetzen, das Strafrecht alleine ist jedoch nicht ausreichend, Opfer zu schützen und (sexuelle) Gewalt zu verhindern. Täterarbeit, insbesondere Anti-Gewalt-Trainings, soll Männer dazu befähigen, ihre Wünsche und Bedürfnisse nicht mit Gewalt durchzusetzen. Es braucht aber auch Maßnahmen der Prävention, die an den Ursachen der Gewalt ansetzen und so Gewalt in unserer Gesellschaft nachhaltig bekämpfen. Gewaltfreie Kommunikation, Gleichstellung der Geschlechter, Nicht-Diskriminierung etc. sind Themen, die von Kindheit an gelernt und geübt werden müssen.

Wie sieht die gesetzliche Lage aus?
Der erste große Schritt zur gesetzlichen Anerkennung von geschlechtsspezifischer Gewalt war das sog. Gewaltschutzgesetz 1997. Mit dem Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie wurden rechtliche Voraussetzungen für einen raschen und effizienten Schutz für Opfer häuslicher Gewalt geschaffen. Seither erfolgten zahlreiche gesetzliche Verbesserungen. Das Gewaltschutzgesetz ermächtigt die Polizei, eine Person von der (weitere) Gewalt droht, aus jener Wohnung weg zu weisen, in der die gefährdete Person lebt. Der damit verwirklichte Grundsatz "Wer schlägt, der geht" ermöglicht der gefährdeten Person in der vertrauten Umgebung zu bleiben. Ist längerer oder auch umfassenderer Schutz notwendig, hat die gefährdete Person die Möglichkeit, beim Bezirksgericht entsprechende Anträge zu stellen (Einstweilige Verfügungen nach §§ 382b, 382e und 382g Exekutionsordnung) zu stellen. Auch der gesetzliche Schutz der sexuellen Integrität wurde in den letzten Jahren sukzessive erweitert.

Überdies gibt es für Gewaltopfer unabhängig von Herkunft und Staatsbürgerschaft umfassende Opferrechte. So unter anderem das Recht auf kostenlose psychosoziale Hilfe und juristische Prozessbegleitung im Strafverfahren.

Hinweis

Mehr Informationen und Hilfestellungen finden betroffene Frauen in der Gewaltschutzbroschüre, in der alle wichtigen Informationen zum Gewaltschutzgesetz leicht verständlich zusammengefasst sind. Die Broschüre gibt es zum Downloaden in 20 Sprachen, sowie auch in Blindenschrift.

Einen Überblick über alle Anlaufstellen im Falle von (sexueller) Gewalt gegen Frauen bietet die Website der Frauenministerin.

Zusätzlich zu den Frauenberatungsstellen in ganz Österreich und auch außerhalb der Öffnungszeiten gibt es die Frauenhelpline, unter 0800 222 555 österreichweit gebührenfrei erreichbar. Sie bietet, unabhängig vom jeweiligen Wohnort, Erst- und Krisenberatung und ist absolut vertraulich. 2018 erhielt die Frauenhelpline insgesamt 8.581 Anrufe. Bei Bedarf verweist die Frauenhelpline an die passende Einrichtung des jeweiligen Bundeslandes weiter.