Entscheidungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung

Die Regelungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung (Art 6 der Aarhus-Konvention) gelten für eine Reihe großer umweltrelevanter Vorhaben, die in Anhang I der Aarhus-Konvention definiert sind.

Wenn Sie vom Ausgang eines solchen geplanten Entscheidungsverfahrens betroffen sind, können Sie sich also im vorangehenden öffentlichen Diskussionsprozess darüber beteiligen und Ihre Anliegen vorbringen.

Die näheren Regelungen der Öffentlichkeitsbeteiligung finden Sie in den für das jeweilige Vorhaben anwendbaren Rechtsmaterien, beispielsweise betreffend Umweltverträglichkeitsprüfungen (→ USP) im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) und Betriebsanlagenrecht (→ USP) der Gewerbeordnung (GewO) betreffend sogenannter IPPC-Behandlungsanlagen (→ USP). Die bereits in der Vergangenheit bestehenden Regelungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung im Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) und im Wasserrechtsgesetz (WRG) wurden durch das Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018 erweitert.

In der Praxis sieht die Möglichkeit zu Öffentlichkeitsbeteiligung bei Entscheidungsverfahren so aus, dass im Vorfeld einer Genehmigung für ein Projekt, welches Teile der Öffentlichkeit direkt betrifft, das Vorhaben sachgerecht und vor allem rechtzeitig öffentlich bekannt gemacht werden muss (z.B. amtlicher Aushang in der Gemeinde, Inserat in Zeitungen, Informationen auf den Internetseiten der Behörden).

Anschließend muss es eine Frist zur öffentlichen Einsichtnahme in den Antrag und die betreffenden Unterlagen geben, innerhalb der Einwände gegen das Planprojekt erhoben werden können.

Die Öffentlichkeit hat das Recht, Stellungnahmen zum Vorhaben einzubringen oder Gegenmeinungen vorbringen.

Die eingelangten Stellungnahmen sind in UVP-Verfahren bei der Erstellung des Umweltverträglichkeitsgutachtens sowie in UVP- und IPPC-Verfahren bei der Entscheidung über den Genehmigungsantrag zu berücksichtigen. Die Entscheidung einschließlich der Maßnahmen und der Auseinandersetzung mit den eingelangten Stellungnahmen ist unverzüglich öffentlich aufzulegen.

Öffentliche zugängliche Emissionsdatenbanken

Durch das Aarhus-Protokoll über Schadstoffemissionsregister (PRTR-Protokoll) sieht die Aarhus-Konvention für bestimmte emissionserzeugende Unternehmen die Veröffentlichung der Emissionen in einer Emissionsdatenbank vor.

Schadstoffemissionsregister bzw. Emissionsdatenbanken ("Pollutant release and transfer registers") sind Register über Emissionen von Industrieanlagen, aber auch diffusen Verschmutzungsquellen aus Verkehr, Landwirtschaft und KMUs. Aufgrund des Protokolls müssen große Industrieanlagen jährlich die Emissionsmenge bestimmter Schadstoffe melden. Die Information kann über öffentlich zugängliche Register (Internet) abgerufen werden. Die Idee dahinter ist, dass die Öffentlichmachung der Information Firmen dazu veranlassen soll, Ihre Umweltperformance zu verbessern. Auch NGOs und Bürgerinnen/Bürger haben die Möglichkeit, "Umweltsünder" leichter zu identifizieren und für eine Verbesserung der Situation einzutreten.

Das PRTR-Protokoll zur Aarhus-Konvention wurde in Kiew im Mai 2003 von 36 Staaten unterzeichnet und trat am 8. Oktober 2009 in Kraft (nach französischer Ratifikation). Österreich hat das PRTR-Protokoll am 23. März 2010 ratifiziert. Es trat für Österreich am 21. Juni 2010 in Kraft.

Eine EU-PRTR-Verordnung ist bereits im Jahr 2006 erlassen worden (Verordnung (EG) Nr. 166/2006). Als erstes Berichtsjahr wurde das Jahr 2007 festgelegt, bis Mitte des Jahres 2009 war die Berichtspflicht für dieses erste Jahr zu erfüllen. Das Umweltbundesamt hat eine führende Rolle in der österreichischen PRTR-Umsetzung.

Die erforderliche Begleitgesetzgebung erfolgte in Österreich durch eine Novelle zum Umweltinformationsgesetz (UIG) im Jahr 2009 und die E-PRTR-Begleitverordnung.

Auf EU-Ebene wird derzeit als Nachfolgeregelung für die EU-PRTR-Verordnung eine Verordnung über ein Industrieemissionenportal verhandelt. Sie soll nach den Plänen der Europäischen Kommission am 1. Jänner 2026 in Kraft treten.

Mitwirkungsmöglichkeiten von Umweltschutzorganisationen

Vom Staat unabhängige Gruppen und Institutionen – nichtstaatliche Organisationen (NGOs), Umweltverbände und Bürgerinitiativen – treten sehr häufig für die Interessen der Umwelt und Umweltschutzmaßnahmen ein, weshalb diesen Gruppen der Zivilgesellschaft in der Aarhus-Konvention besondere Rechte verliehen werden:

  • Ihnen soll angemessene Anerkennung und Unterstützung in Form von Zugangsmöglichkeiten zu Informationen und Entscheidungen zugesichert werden
  • Das innerstaatliche Rechtssystem soll diesem Grundsatz entsprechend ausgestaltet werden.

Umweltschutzorganisationen, die von der Bundesministerin/dem Bundesminister für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit der Bundesministerin/dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft anerkannt wurden, können in Österreich Parteistellung in bestimmten Genehmigungsverfahren (wie etwa in UVP-Verfahren und bei IPPC-Vorhaben bzw. Anlagen) erlangen.

Eine besondere Rolle kann Bürgerinitiativen (BI) in UVP-Verfahren zukommen. Bürgerinitiativen können in Österreich im UVP-Entscheidungsverfahren als Partei (Parteistellung) mitwirken, und zwar mit dem Recht, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen und Revision an den Verwaltungsgerichtshof bzw. Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben (§ 19 UVP-G). Der Verwaltungsgerichtshof hat geklärt, dass einer Bürgerinitiative das Recht auf Beteiligung als Partei sowohl im ordentlichen als auch im vereinfachten UVP-Verfahren zukommt.

Weiterführende Links

Rechtsgrundlagen

Letzte Aktualisierung: 9. Jänner 2023
Für den Inhalt verantwortlich:
  • Umweltbundesamt
  • Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie